Die Mär von der Unerziehbarkeit

 

Nicht selten suchen Menschen die beim TWH landen einen Wolf fürs Wohnzimmer.  Das ist definitv eine Rolle die dem Twh gar nicht steht, denn damit einher gehen viele Ausreden und Entschuldigungen wieso, weshalb und warum der Wolf(hund) das ja gar nicht lernen kann,
denn er ist ja schliesslich stets geleitet von seinem Wolfserbe und Wölfe kann man schliesslich auch nicht erziehen.  Schnöde Erziehung wäre ein zu grosser Eingriff in die Persönlichkeitsentwicklung dieses Symbols für Freiheit und Wildnis.


Ja der TWH hat selbstverständlich einen sehr viel höheren Anteil an Wolfsblut in seinen Adern, als die meisten anderen Rassen, so ist die letzte Wolfseinkreuzung bei allen TWH mit Stammbaum noch nachvollziehbar und nicht in unvorstellbarer Entfernung.
Allerdings ist der weit grössere und überwiegende Anteil im TWH vom Deutschen Schäferhund und zwar von gestandenen Diensthunden zu Zeiten der CSSR und auch die Selektion in den ersten Jahren wollte keinen Möchtegernwolf erreichen, sondern erziehbare und führbare Diensthunde die im Notfall nicht die Flucht ergreifen, sondern den Hundeführer aktiv beim Grenzschutz unterstützen.


Natürlich berichten wir viel über die rassespezifischen Besonderheiten wie die extreme Bindung, die Unverträglichkeit mit gleichgeschlechtlichen Artgenossen und die kreative Ader in der Wohnungsgestaltung, aber das heisst nicht dass man an den meisten dieser Themen nicht aktiv arbeiten kann um den Hund so in die Familie und die Gesellschaft zu integrieren dass niemand zuSchaden kommt oder belästigt wird.

 

Es gibt genau eine Thematik an der man wirklich schwer arbeiten kann und das ist das alleine lassen, da man in dieser Situation keinen Einfluss auf den Hund und sein Verhalten nehmen kann.


Die meisten werden, egal mit welcher Erziehung, nicht unmoderiert auf Hundefreilaufflächen klar kommen, das heisst aber nicht dass ich als Halter nicht daran arbeiten kann einen Weg zu finden dass mein Twh ansprechbar bleibt wenn wir andere Hunde kreuzen, auch wenn diese ggf. wirklich unhöflich fixieren oder pöbeln, und ich nicht plötzlich vom Hund von Baskerville durch die Strassen gezerrt werde um den anderen mal Benehmen beizubringen.


Es muss sich auch niemand wie ein Opfer häuslicher Gewalt fühlen beim nächsten Termin beim Hausarzt, weil der junge Twh Rüde vor lauter Frust dass er den Erzfeind wieder nicht fressen dürfte den Arm zum Kauknochen umfunktioniert hat um sich abzureagieren.

 

Erziehung funktioniert grundsätzlich ganz wunderbar beim Twh, sofern man Willens und in der Lage ist wirklich extrem konsequent, authentisch, souverän und fair zu bleiben.


Ganz klar, der Twh tut nichts was andere Hunde nicht auch machen, aber oftmals tut er es in einer anderen Intensität und Hartnäckigkeit.

 

Nicht selten sind Erst Twh Halter schockiert von der Härte mit der schon ihr süsses kleines Hundekind in Diskussionen einsteigt und gern bereit ist alle 28 Welpenzähnchen mit voller Kraft einzusetzen.
Andererseits verträgt der Twh unangemessene Härte oder unfaire Reaktionen ganz schlecht.  Wie also so einem völlig aus dem Lot geratenen Gremlin entgegen treten?
Auch hier wird ein guter Züchter mit Rat und Tat zur Seite stehen.  Die Hundeschule die man sich im besten Fall schon einige Zeit vor Einzug des Welpen gesucht hat kann bestimmt in der nächsten Stunde vor Ort gute Tipps geben und Haltetechniken zeigen um dem kleinen Quälgeist und seinen überschäumenden Emotionen Einhalt zu gebieten. Natürlich ohne emotional oder gar laut mit dem Zwerg zu werden, der vor kurzem seine ganze Welt verloren hat als er von Mutti und den Geschwistern abgeholt wurde in eine Adoptivfamilie die er sich nicht
selbst ausgesucht hat.
Bei allem Verständnis für die schwierige emotionale Lage eines Welpen, beginnen sie doch von Anfang an uns zu beobachten und zu analysieren. Wie bemüht sind wir, wie souverän sind wir, wieviel Halt und Sicherheit können wir bieten und wie gehen wir mit kleinen Provokationen um, aber auch durchaus ob wir Spass verstehen und man somit eine coole spannende Zeit mit uns haben kann.

 

Die Twh sind Meister darin Schwachstellen im System zu finden und uns diese direkt unter die Nase zu reiben.
Es braucht manchmal einiges an schwarzem Humor um das Beste daraus zu machen wenn der Geburtstagskuchen für den nächsten Tag nicht mehr vollständig ist, weil man in der Hektik ein einziges Mal vergessen hat die Küchentür abzuschliessen und der Hund den Fehler natürlich
genau registriert hat.  Sich ein ums andere Mal die eigenen Fehler aufzeigen zu lassen und einen Hund zu haben der unter Umständen wirklich Freude daran hat diese zu suchen ist nicht jedermanns Sache.  Wie oft machen wir doch aber oftmals mit den Hunden nichts anderes als ihnen permanent ihre Fehler aufzuzeigen und zu korrigieren, also gleiches Recht für alle sagt der Twh.


Auf der einen Seite die absolute Loyalität und auf der anderen ein Hund der ständig versucht das System zu unterlaufen, ist das kein Widerspruch?  Beim Twh nicht, oft sucht er sich eine Bezugsperson in der Familie aus und über diesen Menschen geht nichts.
Egal wer sonst noch da ist es wird stundenlang geheult, wenn dieser eine Mensch fort ist, man kann mit niemand anderem spazieren gehen oder schlurft maximal wie geprügelt hinterher, aber all diese Verbundenheit heisst nicht dass man nicht immer wieder in seiner Führungskompetenz hinterfragt wird.
Nur wer souverän führt und Sicherheit in allen Lebenslagen verspricht hat sich diese Loyalität am Ende auch verdient und der Twh ist einfach nicht konfliktscheu und hat durchaus seine Freude an konstruktiven Diskussionen und Verhandlungen.

 

Somit lassen sich die meisten Twh weder brav füttern und immer zuverlässig mit einem Keks oder Spielzeug ablenken, wenn die Aktion ihm wirklich wichtig ist, noch durch Stachelwürger und Strom so einschüchtern dass es keine Widerworte mehr gibt.


Wer souverän ist kann Grenzen setzen und auf diese bestehen ohne hart oder unfair werden zu müssen und damit entsteht eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit dem Freigeist im Wolfskostüm.  Von daher natürlich kann und muss man einen Twh erziehen, der Weg zum Ziel geht aber unter Umständen nicht immer nur geradeaus und man muss sich manchmal selbst reflektieren und bereit sein nach kreativen Lösungen zu suchen um ein gutes Team mit dem Twh zu werden.
Gerade diese enge Verbundenheit zu seinem Besitzer macht für den Twh aber eben auch eine Abgabe wirklich schwierig.
Natürlich wird er sich auch in einer neuen Familie einfinden, neue Regeln und Abläufe akzeptieren und je nachdem wegen welcher Gründe die Abgabe erfolgte sogar ein besseres bzw angepassteres Verhalten an den Tag legen.
Trotz allem kann aber dieser Vertrauensbruch zu einem Problem in der Bindungsbereitschaft führen und dafür sorgen dass der Twh je nach Typ und Charakter wirklich lange braucht um sich auf eine neue Familie einzulassen und eine tiefe vertrauensvolle Bindung aufzubauen.


Natürlich sollte man sich immer vor der Anschaffung eines Hundes gut überlegen ob dieser ins eigene Leben passt und kein Hund wechselt gerne Heim und Familie, aber den Twh trifft es da unter Umständen doch nochmal härter als einige andere Rassen, die ohnehin zügig einen guten Draht zum Menschen haben und offener für neue Beziehungen und Partnerschaften sind.


Der TWH als Ersthund

 

Bei so vielen Dingen die man beachten soll und die schief gehen können ist es sicher gut schon viel Erfahrung in der Hundeerziehung mitzubringen?
Manchmal ist das gar nicht so hilfreich wie man glauben könnte, weil es dann eine recht vorgefasste Meinung geben kann, wie Hunde zu ticken haben und einem der Twh selten den Gefallen tut sich in diese Schablone einzufügen.
Dinge die für die Hunde in den letzten 25 Jahren gut funktioniert haben, passen auf den Twh plötzlich unter Umständen gar nicht mehr.
Daher tun sich manche Ersthalter manchmal leichter, weil sie einfach alles auf sich zukommen lassen und wissen es gibt noch viel zu erfahren und zu lernen.
Oft hört man „Das hat mein Hund der Rasse xyz auch gemacht“, nur ganz oft nicht mit der gleichen Vehemenz in der ein Twh versucht seine Interessen durchzusetzen, oder mit der gleichen Zerstörungskraft und Wut, was dann am Ende doch zu Unglauben und Verzweiflung führen kann.  Oder man kann sich wirklich nicht vorstellen, dass Dinge die viele Jahre problemlos funktioniert haben plötzlich nicht mehr gehen.


Nur einige Beispiele:
- dass Autoboxen die sieben Jahre fein waren in Jahr acht plötzlich nicht mehr taugen und dringend zerlegt gehören.
- dass Zäune die in den letzten zwei Jahren Übergriffe auf Nachbars Waldi verhindert haben heute plötzlich kein Hinderniss mehr darstellen.
- dass der Hund der besten Freundin mit dem gestern noch freudig gespielt wurde heute Ziel von Attacken ist, ohne ersichtlichen Grund.


Dass ein Twh Grenzen akzeptiert, egal ob in physischer oder psychischer Form bedeutet nicht dass er nicht eines schönen Tages seine Meinung ändern könnte.  Nur weil er Dinge nicht tut, heisst es nicht dass er es nicht könnte und diese Tatsache zu akzeptieren fällt erfahrenen Hundehaltern oft deutlich schwerer als Ersthundehaltern.  Daher ist mangelnde Erfahrung erstmal kein Grund gegen den Twh, wenn man selbst bereit ist zu lernen.


Durch den grundsätzlichen Respekt vor der Rasse ist tatsächlich auch oft die Erziehung konsequenter als nach einigen Jahren Hundehaltung, was einem beim Twh definitv in die Karten spielt.